Für viele stellen sie auf und abseits des Fußballplatzes ein Feindbild dar, ohne sie geht es aber nicht – gemeint sind die Regelhüter des Fußballs, die Schiedsrichter. Ihnen kommt eine besondere und enorm wichtige Rolle zu, jene des Unparteiischen, der das Spiel leitet und unter Kontrolle hält. Diese Maxime, unparteiisch zu sein, gilt in jedem Spiel, hat aber natürlich bei großen Turnieren und wichtigen Spielen einen noch viel höheren Stellenwert. Aus diesem Grund werden bei der EURO 2016 auch die besten europäischen Schiedsrichter über die Spiele und die Regeln des Fußballs wachen.
Noch mehr Infos gibt es hier zu den EM 2016 Schiedsrichtern.
Inhaltsverzeichnis: Das ist die Fußball EM 2016
Wie werden die Schiedsrichter ausgewählt?
Ähnlich wie ein Trainer seine Mannschaft betreut und Aufstellungen zusammenstellt, werden auch die Schiedsrichter der UEFA und FIFA sehr genau überwacht, geschult und bewertet. Regelmäßige Übungslehrgänge und Fitnesstests sorgen dafür, dass die Schiedsrichter körperlich und mental auf der Höhe sind und auch mit dem hohen Spieltempo der Spitzenakteure mithalten können.
Für die EM 2012 wurden zwölf Schiedsrichterteams aus ganz Europa nominiert, aus zwölf verschiedenen Ländern. Pro Land darf auch nur ein Schiedsrichterteam an einer Europameisterschaft teilnehmen. Da bei der EURO 2016 mehr Spiele ausgetragen werden als zuvor, werden 18 Schiedsrichterteams nominiert werden.
Die FIFA und UEFA überwachen ihre Schiedsrichter sehr genau. Diese werden nicht nur von den jeweiligen nationalen Verbänden bewertet, sondern letztendlich auch vonseiten der großen Fußballverbände. So ergeben sich nationale Rankings, in weiterer Folge auch internationale Rankings. Zur Europameisterschaft werden demnach auch nur Top-Schiedsrichter aus Europa eingeladen, die in diesem UEFA Ranking ganz vorne vertreten sind. Aus deutscher Sicht ist aktuell Felix Brych der aussichtsreichste Kandidat.
Alle Schiedsrichter der EM 2016
Land | Name |
---|---|
England | Martin Atkinson |
Deutschland | Felix Brych |
Türkei | Cüneyt Çakir |
England | Mark Clattenburg |
Schottland | William Collum |
Schweden | Jonas Eriksson |
Rumänien | Ovidiu Hategan |
Russland | Sergei Karassjow |
Ungarn | Viktor Kassai |
Tschechien | Pavel Královec |
Niederlande | Björn Kuipers |
Polen | Szymon Marciniak |
Serbien | Milorad Maic |
Norwegen | Svein Oddvar Moen |
Italien | Nicola Rizzoli |
Slowenien | Damir Skomina |
Frankreich | Clément Turpin |
Spanien | Carlos Velasco Carballo |
Sind auch wirklich die besten Schiedsrichter dabei?
Aufgrund der Tatsache, dass aus Ländern wie Deutschland, England, Spanien und Italien, den großen Ligen, nur je ein Schiedsrichterteam vertreten sein wird, muss man diese Frage wohl mit nein beantworten. Da hier die besten Spieler gegeneinander antreten und eine extrem hohe sportliche wie finanzielle Professionalität gegeben ist, wird dies auch von den Schiedsrichtern verlangt – was sich auch in deren Leistungen niederschlägt.
Die Schiedsrichterleistungen werden auch während der EURO 2016 von Schiedsrichterbeobachtern und einer Schiedsrichterkommission beobachtet und bewertet. Die Schiedsrichterteams sehen sich somit auch einer Art Wettkampf ausgesetzt, denn nur die besten Teams werden mehr als zwei Spiele leiten dürfen und auch in den K.o.-Runden eingesetzt.
Um ein Finale leiten zu dürfen, braucht man als Schiedsrichter auch ein wenig Glück: Natürlich darf ein Schiedsrichter kein Spiel leiten, an dem sein Heimatland teilnimmt. Für den deutschen Vertreter stehen die Chancen auf eine Finalteilnahme also denkbar schlecht.
Der „Unparteiische“ gehört als Grundlage eines Fußballspiels ebenso dazu wie der Ball oder die beiden Tore. War in den Anfangstagen des Profi-Fußballs ein Schiedsrichter mit zwei Assistenten noch vollends ausreichend, so hat sich der Fußball in der Vergangenheit massiv verändert. Mit dieser Veränderung ging auch eine massive Veränderung des Schiedsrichterwesens einher, da die zunehmenden TV-Übertragungen mit einer gestiegenen Anzahl an Kameras den Schiedsrichter vermehrt in den Mittelpunkt des Geschehens rücken. In den frühen Tagen des Spiels wurde eine Fehlentscheidung, die es zu damaligen Zeiten ebenso häufig gab wie in der heutigen Zeit, nicht nennenswert diskutiert sondern vielmehr von allen Beteiligten als gegeben akzeptiert.
In der heutigen Zeit jedoch wird eine Schiedsrichterfehlentscheidung sowohl von der breiten Öffentlichkeit als auch von allen Beteiligten des Spiels über mehrere Tage ausgiebig diskutiert und mitunter sogar skandalisiert. An dem letzteren Umstand sind jedoch insbesondere in Deutschland die Schiedsrichter zum Teil auch selbst mit Schuld, da der Schiedsrichter-Skandal um Robert Hoyzer sowie dem immer noch aktiven Felix Zwayer bis zum heutigen Tag unvergessen geblieben ist. Der DFB bemüht sich zwar redlich, die Schiedsrichter zu sensibilisieren und die Fehlentscheidungen einzudämmen, doch wird eine perfekte Schiedsrichterleistung ohne Fehler über 90. oder mehr Spielminuten ein schier unerreichbares Ziel bleiben. Mit zusätzlichen Hilfsdiensten kann den Schiedsrichtern jedoch das Leben erleichtert werden, zumal die Unparteiischen einen denkbar undankbaren Job haben.
Technische Hilfsmittel der Schiedsrichter bei der EM 2016
Fußball-Schiedsrichter – die Teams
Der Fußball ist in den vergangenen Jahren wesentlich schneller geworden, was nicht zuletzt auf die technisch gesteigerten Fähigkeiten sowie das intensivere Training der Mannschaften zurückzuführen ist. Insbesondere im Profi-Bereich geht es heutzutage nicht mehr nur um den Sieg, die Fußball-Vereine sind mittlerweile vielmehr zu regelrechten Wirtschaftsunternehmen mit anhängigen Arbeitsplätzen geworden. Sei es die Fußball-AG, deren Abschneiden das finanzielle Geschick des Aktionärs bestimmt bis hin zum klassischen Verein, dessen Erfolg in der Bundesliga als Grundlage für die zahlreichen Angestellten angesehen wird. Mit dieser Entwicklung steigt auch der Druck für den Unparteiischen an, da seine Entscheidungen nunmehr von einer gesteigerten Anzahl an Augen Wochenende für Wochenende emotional diskutiert wird. Die Einflüsse von Außen sind gestiegen, sei es von einem gigantischen Publikum in den größeren Arenen bis hin zum Trainer, dessen Arbeitsplatz nicht minder vom sportlichen Erfolg abhängig geworden ist.
Aus dieser Entwicklung entsteht Druck, der für einen Menschen allein schon fast nicht mehr zu bewältigen ist. Aus diesem Grund gibt es im Innenraum der Sportarenen einen vierten Offiziellen, der die Einflüsse der Trainer sowie Offiziellen auf das Spielgeschehen in einem gewissen Rahmen halten soll. Dieser vierte Offizielle dient als Hilfskraft für den Schiedsrichter und soll ihm ein Stück weit Druck abnehmen. Damit jedoch sind die Fehlentscheidungen, die es auch heute noch gibt, nicht ausgeschlossen. Fehlentscheidungen werden auch zukünftig nicht auszuschließen sein, da die Spieler heutzutage nahezu jede Möglichkeit für einen Vorteil auf dem Platz für sich nutzen.
Strittige Szenen, sei es ein vermeintliches Foul- oder ein Handspiel im Sechzehner, spielen sich in Sekundenbruchteilen ab und eine Zeitlupe (Videobeweis), wie sie die Fernsehsender für ihr Publikum bereit stellen, steht dem Schiedsrichter nicht zur Verfügung. Auf diese Weise ist es auch stets ein bei vermeintlichen Toren für den Schiedsrichter nicht leicht, weswegen die UEFA in der Saison 2009/2010 einen Modellversuch mit einem reinen Torschiedsrichter startete. Dieser Schiedsrichter sollte sich gänzlich dem Geschehen rund um die Torlinie widmen und dem Hauptschiedsrichter bei strittigen Szenen vermitteln, ob der Ball im Tor gewesen ist oder nicht. Die Torrichter wurden zunächst in der Europa-League getestet, in der Saison 2010/2011 auch in der Champions-League und im Jahr 2012 bei der Europameisterschaft eingesetzt.
Schiedsrichter-Uhr und Schiedsrichterfunk
Obgleich der Torrichter als Alternative zu dem „Chip im Ball“ noch immer äußerst kontrovers diskutiert werden, so stehen den Schiedsrichtern bei ihrer Arbeit auch technische Hilfsmittel zur Verfügung. Als Grundlage dafür, dass ein Spiel auch wirklich pünktlich an- und abgepfiffen wird, gilt die Schiedsrichter-Uhr. Diese Uhr wird, wie jede andere Uhr auch, am Handgelenk getragen und gibt dem Schiedsrichter genaue Details über die noch zu verbleibende Länge der Halbzeit. An dieser Uhr kann selbstverständlich die Stopp-Funktion genutzt werden um die reine Netto-Spielzeit von 90 Spielminuten auch einzuhalten. Dies war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Besonders ein gewisser Schiedsrichter namens Ahlenfelder bewies im Spiel Werder Bremen gegen Hannover 96, dass ein Halbzeitpfiff auch nach 32. Spielminuten nicht gänzlich ausgeschlossen ist. Über die Schiedsrichteruhr sind die Schiedsrichter zudem mit dem Sensor in den Fahnen der Linienrichter verbunden, die mittels Knopfdruck binnen Sekunden Fouls oder Abseitsstellungen anzeigen können. Somit ist der Schiedsrichter nicht allein auf das optische Signal der geschwenkten Fahne angewiesen sondern bekommt direkt von dem jeweiligen Linienrichter einen Vorfall signalisiert. Wer sich eingängig mit dem Profi-Fußball auseinandergesetzt hat, dem wird aufgefallen sein, dass die Schiedsrichter seit einiger Zeit mit einem Headset auf dem Kopf herumlaufen. Der sogenannte Schiedsrichterfunk gehört zu eben jenen technischen Hilfsmitteln, die das enorm wichtige Zusammenspiel eines Schiedsrichters mit seinen Assistenten erleichtert. Da es während eines Spiels für den Unparteiischen nahezu unmöglich ist, seine Augen überall auf dem Platz zu haben, soll mit dem Headset ausgeschlossen werden, dass Spieler hinter dem Rücken des Schiedsrichters unbemerkte Tätlichkeiten begehen und auf diese Weise ungestraft mit der Unsportlichkeit davon kommen. Durch das Headset bleibt der Hauptschiedsrichter in ständigem Kontakt zu seinen Assistenten und wird über sämtliche Ereignisse informiert, so dass versteckte Tätlichkeiten deutlich weniger geworden sind. Sicherlich können auch acht Augen Tätlichkeiten übersehen, doch schlussendlich war die Einführung des Headsets eine sehr gute Entscheidung.
Freistoßspray – Abstand halten sagt die Regel
Das Regelwerk besagt, dass die Mauer bei einem Freistoß einen gewissen Mindestabstand zu dem Ball nicht unterschreiten darf. In der gängigen Praxis weist der Schiedsrichter die Spieler in der Mauer an, diesen Mindestabstand, den er zuvor gemäß dem Regelwerk durch Beschreiten der Stelle auf dem Platz festgelegt hat, nicht zu unterschreiten. Selbstverständlich haben die Spieler zumeist, wenn der Schiedsrichter sich wieder dem Freistoßschützen widmete, durch ein zwei kleine Schritte den einen oder anderen Meter herausgeschummelt, um dem Freistoßschützen das Leben zu erschweren. Mit dem Freistoßspray, welches die Schiedsrichter seit dem Jahr 2013 nutzen können, wird dieser Versuch bereits im Keim erstickt. Der Schiedsrichter zieht, sofern er das Spray für sich als technisches Hilfsmittel nutzt, eine Linie vor der Mauer. Diese Linie darf von keinem Spieler überschritten werden und verschwindet anschließend auf natürlichem Wege direkt in den Rasen, so dass sie zu einem späteren Spielzeitpunkt nicht mehr sichtbar ist.
Torlinientechnologie bei der EM 2016
Pierluigi Collina, Chef der Schiedsrichter-Kommission hat die Verwendung der Torlinientechnologie für die UEFA EURO 2016 in Frankreich empfohlen. Das Exekutiv-Kommitee hat dem Antrag im Januar 2016 stattgegeben. Der Anbieter des Torlinientechnologiesystems wurde bisher nicht bekanntgegeben. Zur Auswahl steht das britische Kamerasystem „Hawk Eye“ (dieses wird in der Bundesliga benutzt), sowie das deutsche „GoalControl“-System, welches bei der FIFA WM 2014 eingesetzt wurde.
Die Torentscheidung, ob der Ball vollständig mit seinem Profil über der Linie gewesen ist oder nicht, ist auch in der heutigen Zeit noch immer für Schiedsrichter besonders schwierig. Durch die hohe Spielgeschwindigkeit versuchen die Spieler noch immer, den Ball möglichst von der Linie fernzuhalten und mitunter ergeben sich Spielsituationen, in denen es für den Schiedsrichter unmöglich ist, endgültig zu entscheiden. Seien es Treffer an die Unterkante der Latte, bei denen der Ball zurück ins Spielfeld springt oder Rettungsversuche in letzter Sekunde, der Schiedsrichter muss binnen kürzester Zeit eine Entscheidung treffen. Seit der Saison 2012/2013 wurde diesem Problem in der britischen Premier-League mittels Hawk eye Technologie ein Schnippchen geschlagen, da dieses System die Ballverfolgung eine exakte Toranzeige auf die Schiedsrichteruhr gibt. Auf diese Weise wird dem Schiedsrichter signalisiert, dass der Ball in vollem Umfang hinter der Linie war oder nicht. International kam diese Technologie erstmals 2013 zum Einsatz, in Deutschland wurde sie zum ersten Mal im DFB-Pokalfinale der Saison 2014/2015 eingesetzt, obgleich dieses Finale keinen Anlass dazu gab. In der Bundesliga hat sich dieses System seit der Saison 2015/2016 etabliert, so dass strittige Torentscheidungen merklich erleichtert werden sollen.
Der Videobeweis bei der EM 2016
Von vielen Schiedsrichtern wurde der Videobeweis bei strittigen Szenen gefordet, zur EM 2016 wird man diesen allerdings noch nicht benutzen. Derzeit wird der Videobeweis noch bei keinen Pflichtspielen eingesetzt. Immer wieder kommt es vor, dass Szenen auf der Videoleinwand im Stadion gezeigt werden, bevor der Schiedsrichter entschieden hat. Dabei kommt es immer wieder zu Rangeleien zwischen Spielern und Schiedsrichtern.
Ob Technik oder nicht, ob Hilfe oder nicht – Schiedsrichterfehlentscheidungen gehören zum Fußball wie das Bier und die Bratwurst im Stadion. Da die Schiedsrichter jedoch auch nur Menschen sind besteht noch immer ein gewisses Fehlerpotential, welches für Emotionen im Spiel sorgt. Letztlich sind es jedoch eben jene Emotionen, die den Fußball so besonders machen und die für den anschließenden Gesprächsstoff an den Stammtischen des Landes oder in den diversen Fernsehsendungen sorgen.